Bonjour à la Suisse!
Seit meinem letzten Eintrag hat sich meine Stimmung deutlich gebessert. Ich fühle mich mit jedem Tag weniger fremd, bin mit mir selbst geduldiger geworden und habe so langsam einen Tagesrythmus gefunden.
Ich stehe jeweils mit dem zweiten Riesengezeter des Federviehs in meinem Garten auf, d.h. so gegen acht Uhr, das erste findet jeweils zwischen 5 und 6 Uhr Morgens statt, wenn die Sonne aufgeht. Dann mach ich brav meine Stunde Kraftübungen- hab immer noch nicht rausgefunden, wann und wo diese offenbar tatsächlich existierende Volleyballmannschaft trainiert, deshalb halte ich mich eben so ein bisschen fit... Nach dem Frühstück hole ich die neu gereiften Papayas und Orangen von den Bäumen, und dann gehts meistens weiter mit lernen, bzw. lesen. Ich bin froh hab ich die Literatur mitgenommen, gerade bezüglich der politischen Situation der französischen Überseegebiete ist mir noch vieles unklar.
Am Nachmittag geh ich entweder an den Strand in der Nähe der Barge, die zwischen Dzaoudzi und Mamoudzou verkehrt oder erkunde zu Fuss einen neuen Ort. Obwohl die Taxis hier nur 1 Euro kosten, geh ich immer zu Fuss, was mich oft an die Ferien mit Sara in Nordspanien erinnert (äs ewigs Glöif sägi Dir:-)), aber so mach ich mir erstens die Gegend vertraut und kann zweitens auch meinen Bewegungsdrang etwas stillen.
Abends hat mich nun Djamila etwas unter ihre Fittiche genommen. Ihr Mann ist während der Schwangerschaft abgehauen und so ist sie am Abend auch oft allein. Wir gehen viel spazieren, sie, ihre 3jährige Tochter Thanaya und ich, heute hat sie mich zum "Poulet aux noix de coco" eingeladen und ich werde sie das nächste Mal dann mit Röschti beglücken...
Ja, dann will ich Euch auch endlich mal noch etwas von der Insel selbst erzählen: Die Bewohner sind zum grossen Hauptteil Mahorais, die meisten von ihnen sind Muslime. 5x am Tag ertönt deshalb auch das Gebet aus den vielen Moscheen, da es aber keine Minarette gibt, ist das Ganze nicht sehr laut und so finde ich den Gesang richtig schön. Die Frauen kleiden sich fast alle mit den traditionellen Tüchern, ein farbenfroher Anblick. Ausserdem tragen viele eine gelbe Pflazenmischung aufs Gesicht, das sie den ganzen Tag tragen und für einen schönen Teint sorgen soll. Sieht sehr festlich und irgendwie stolz aus...
Weil es schon gegen 5 hell wird, ist es leider auch schon um 5 Abends wieder dunkel. Bis jetzt habe ich mich noch nicht so oft alleine rausgetraut bei "Nacht", aber ich habe mich entschieden, etwas geduldiger mit mir selbst zu sein, seither gehts mir eigentlich auch viel besser. Die Natur ist wunderschön, obwohl ich erst einen winzig kleinen Teil davon gesehen habe- aber mir bleibt ja noch genug Zeit!
Aktuell bin ich mich noch am einlesen und die Fragestellung meiner Forschung am überarbeiten, da sie ja vor meiner Ankunft fast nur aufgrund von Internetinfos formuliert worden war, was, wie sich beim ersten Gespräch mit der Ärztin herausgestellt hatte, so nicht ganz korrekt ist. Ich bin aber regelrecht gefesselt von dieser Insel, eine anthropologische Fundgrube, das Thema interessiert mich brennend und so macht es mir wirklich Spass, daran zu arbeiten. Ich habe nun auch mit dem Feldforschungstagebuch angefangen, und das erste Tagebuch von Tabea ist schon zu einem Drittel gefüllt, so habe ich das Gefühl, dass ich meine Erlebnisse doch irgendwie mitteilen kann.
Vorhin habe ich im Restaurant am Hafen erfahren, dass man dort stundenweise wireless ins Internet kann, d.h., ich werde hoffentlich bald die ersten Bilder hochladen und vielleicht sogar skypen können! Sara, meine Rettung, hat mir einen Adapter geschickt, der in ca. 7 Tagen ankommen sollte, womit ich dann auch andlich Strom hätte- der andere Adapter hat nämlich schlicht und einfach keinen Eingang für dreipolige Kabel! Merci tuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuusig noch einmal, meine Liebste. Und merci Euch allen, die mir trotz wahrscheinlich uuuuu teueren Gebühren immer wieder aufmunternde Nachrichten geschickt haben, das hat mir so geholfen!
Ich hoffe, dass es nun wirklich so richtig bergauf geht, und wenn nicht, dann warte ich halt noch ein bisschen... ;-)
Dicki Muntscheli von der île au lagon,
Laura