Hallo meine Lieben!
Ich habe mich soeben einschliessen lassen, um trotz Abwesenheit des Cyberspace-Verantwortlichen Abdou das Internet benutzen zu können, und da ich deshalb die einzige Benutzerin bin, ist das Ding erstaunlich schnell! Die beste Gelegenheit, meinen ursprünglich als einen geplanten und nun bereits mehrfach zerstückelten Fötelipost endlich zu komplettieren...;-)
Gestern Morgen hat hier der Fastenmonat Ramadan begonnen. Ich wollte das ja eigentlich mitmachen, aber nachdem mir Djamila erzählt hat, was das alles beinhaltet, habe ich mich für die light Version entschieden: Ramadan ist ja der Monat, in welchem die Muslime sich von all ihren kleinen Sünden, die sie über das ganze Jahr begangen haben (also nicht Mord etc., sondern z.B. schlecht über die Nachbarn reden, nicht teilen etc.), erlösen lassen können. Das alles im Zuge eines Monats der Mässigung und Enthaltsamkeit. Essen und trinken ist nur zwischen ca. 18.00 Uhr-04.30 Uhr erlaubt, die Frauen müssen ihre Haut möglichst ganz bedecken, damit sie bei den Männern keine Lust auslösen, man darf sich nicht aufregen etc. Das heisst aber auch, dass man nicht an den Strand darf, dass man um 04.30 nochmal aufsteht, um zu essen und um sich zu duschen, damit man dann um 05.00 rein ist für das erste Gebet. So ist also nur fasten kein wirklicher Ramadan und man sagt, dass man sich für nichts quält. Das hab ich dann nach dem ersten Tag nichts essen und trinken und trotzdem ständig auf Achse und am spörtlen sein auch eingesehen, deshalb mach ich jetzt wie gesagt den "Ramadan de solidarité", d.h. ich esse nichts bis 18.00 und trinke nur am Morgen in meinem Zimmer, dafür 2 Liter... Finde es schon spannend, wie man sich solche Dinge zuerst nicht vorstellen kann und dann merkt, dass es wie so vieles eine reine Kopfsache ist! Ou aber Isabel meine Liebe, Du weisst gar nicht, wie sehr ich mich auf all die feinen Schweizerprodukte freue, uf SCHOGGIIIIIIIIIII!;-)
Ansonsten hab ich mir die letzten Tage ein bisschen "in die Hose gemacht": Die paar Freunde (Jerry, Haffjz etc.), Djamila und der Besitzer, der mir sein Zimmer überlässt (Andji) haben mir etliche grusige Geschichten von Mord und Totschlag und Folter erzählt, und alles Dinge, die erst vor wenigen Monaten geschehen sind! So haben sie mir z.B. auch bestürzt und eindringlich VERBOTEN, alleine an den Kratersee zu gehen, weil dort schon mehrere Vergewaltigungen und Machetenmorde stattgefunden hätten. Die anderen Geschichten sind aber zu grusig um sie hier aufzuschreiben, kurzum, ich merkte halt, dass ich mir in der Schweiz so keine Gedanken über solche Dinge mache, dass ich auch hier bisher kaum daran gedacht habe. Aber ich werde von nun an vorsichtiger sein, nur noch an belebten Orten joggen gehen und Nachts zu zweit oder per Taxi unterwegs sein...
Am Samstag war ich mit Haffjz am Kratersee, er hat mir einen Strand gezeigt, wo man sich an einem Kabel abseilen muss, um dahin zu gelangen. Da zudem Flut war, mussten wir von den Felsen springen, um an den Strand zu gelangen. Es war wunderschön, so richtig wild. Man nennt den Strand (Papani) auch Friedhof der Schildkröten- und tatsächlich, da lagen neben grossen Wirbeln plötzlich riesige Panzer am Boden! Schon eindrücklich diese Urgetiere, die sind riiiiiiiiiiiesig! Da wir mit den Mountainbikes hochgekraxelt waren, hab ich leider auch den Föteler nicht mitgenommen:-( Hoffe aber, dass wir nochmal dahin gehen. Beim Downhill bin ich dann zuerst fast gestorben, es war echt s.e.n.k.r.e.c.h.t und auf der staubig-sandigen Unterlage von Halt keine Rede, aber als ichs dann mal begriffen hatte mit der Gewichtsverlagerung etc. fand ichs so super, dass ich am liebsten nicht mehr abgestiegen wäre!
Ja, und schliesslich noch ein kleines Forschungsupdate: Langsam gehts zügig voran, habe diese Woche jeden Tag ein Treffen mit "Experten", gestern mit einer Frau von Médecins du Monde, Sophie, es war super! Ich werde eng mit ihnen zusammenarbeiten, sie sind sehr engagiert was die Rechte der illegalen Immigranten angeht- und sehr hilfsbereit! Sophie leiht mir zudem ihr Mountainbike für die zwei Monate, dann bin ich dann endlich etwas schneller unterwegs... Nächste Woche schalte ich eine mich-ins-Archiv-verschanzen-Periode ein, werde von einer Freundin von Caro, die dort arbeitet, eingeführt. Ja, und dann kommt schon bald die Ethnologin Sophie Blanchy (sie forscht seit Jahren über die Komoren und Mayotte) für eine Woche nach Mayotte, werde mich mit ihr treffen und mein Projekt besprechen.
Die Zeit geht langsam aber sicher immer schneller vorbei, ich werde mich nun voll in die Arbeit stürzen und dann, schon gligligli, ins Flugi steigen und heiflüge- juhui! Obwohls hier superschön und spannend ist, freue ich mich doch immer wieder über den Anblick der Flugis und stelle mir den Moment vor, wenn ich wieder "in meiner Welt" mit euch allen lande...
Vermisse euch alle schrecklich fest, bis bald,
Laura